BODENHEIM - Genau 40 Jahre hatte Günter Achatz den Posten inne. Seine Nachfolgerin strich nach zwei Jahren die Segel – zu viel zu tun. Danach wurde das Amt des Oberturnwarts beim TV Bodenheim gedrittelt, es gab eigene Oberhäupter für Turner, Tänzer und den Fitnessbereich. "Und ich war wieder Abteilungsleiter", muss der 68-Jährige grinsen
Seit 50 Jahren ist Achatz Teil des Vorstands, erst als Turnwart, seit 15 Jahren auch als Co-Vorsitzender. "Ich habe beim Turnen so viel Spaß gehabt, ich will, dass die Kinder das auch erfahren. Das Erfolgserlebnis ist einfach toll", sagt er. Erfolge gab es einige. 1967, als er mit der Jugend Rheinland-Pfalz-Meister wurde, durfte der Teenager nicht mit aufs Siegerpodest – seiner langen Haare wegen. 1983 wurde er Vize-Mannschaftsmeister in Rheinland-Pfalz, als Trainer und Aktiver. Schon als Turnwart hatte er Wettkämpfe organisiert, Mädchen- und Jungs-Mannschaften trainiert, die Top-Talente ins Leistungszentrum nach Weisenau kutschiert.
"Meine Frau hat schon gesagt, ich soll mein Bett da unten aufstellen", blickt Achatz Richtung Halle. Der Hallenneubau ist für ihn eine besondere Errungenschaft. Ab 2004 saß der Bruder von Alt-Bürgermeister Alfons Achatz fünf Jahre für die CDU im Gemeinderat. Das Motiv: ebenjener Neubau am Ortsrand. "Dafür haben wir über 20 Jahre gekämpft", sagt der Familienvater, der auf Ausschussebene noch immer ortspolitisch aktiv ist. "Es war ein langer Weg, aber jetzt sind wir zufrieden. Bei meinen politischen Gegnern habe ich mich auch schon bedankt."
Von der Halle erhofft sich Achatz einen Schub für seinen Verein. Als unlängst die Mitgliedsbeiträge um zwei Euro monatlich erhöht wurden, gab es an die 300 Kündigungen. Gut 1400 Mitglieder hat der TV Bodenheim im Moment, Tendenz wieder steigend. Hintergrund der Erhöhung war, dass für Feste, die sonst Geld in die Kassen spülen, nicht mehr genug Helfer zu finden waren. Dabei würde Achatz so gern mehr machen. Die jüngste Weihnachtsfeier etwa "war wirklich famos", sagt er. Turner und Tanzgruppen studierten unterschiedliche Passagen des "Nußknackers" ein und legten, zu Musik vom Band, Auftritte hin. Es war die dritte Feier mit einem solchen Motto.
Die neue Halle werde die Möglichkeit geben, mehr Wettkämpfe auszurichten. Auch die klubeigene Handballabteilung, mit 14 Mannschaften sowie zwei Bambini-Gruppen breit aufgestellt, dürfte am Guckenberg von der Entlastung profitieren. Auch vor dem Turnerheim könnte sich baulich was tun, Achatz denkt noch unverbindlich über Tanzsaal oder Squash-Felder nach. Das Vereinsjubiläum 2023 will er auf jeden Fall als Abteilungsleiter mitgestalten. 20 Jahre arbeitete Achatz vor der Rente freiberuflich. Das gab die zeitliche Flexibilität, die Ehrenämter auszuüben.
Die eigenen Talente machen ihn besonders stolz. Paula Vega Tarrago beispielsweise, zwölf Jahre jung, wurde jüngst Deutsche Meisterin ihrer Altersklasse. Zwei TV-Turnerinnen haben es in die Erste Bundesliga geschafft, der Klub selbst startet erstmals mit einer eigenen Regionalligamannschaft. 16 Kinder und Jugendliche werden in der von Achatz und Haupttrainerin Kerstin Sinsel gegründeten Turntalentschule besonders gefördert, das Einzugsgebiet reicht bis nach Rüsselsheim und Ingelheim. Gymnastik, Volleyball und Badminton kamen über die 50 Jahre dazu, auch in Leichtathletik und Rope Skipping gab es Deutsche Meister am Guckenberg. Im Handball sind die Frauen auf Aufstiegskurs, die Männer integrieren derzeit viele eigene Talente.
Letzteres ist Achatz besonders wichtig – ein Verein, der im Ort verwurzelt ist. 1972 fuhr er mit dem Vorsitzenden Josef Pelz von Weingut zu Weingut, Most einsammeln für den Festwein. Nachdem eine Winzersfrau in der Fastnacht verbal gut eingeschenkt bekam, jagte sie den Klubchef mit der Mistgabel vom Hof. Achatz kann darüber immer noch herzlich lachen.
Die Artikelverlinkung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der VRM GmbH & Co. KG Mainz